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Ressourcenbeitrag: Tagset Emotionsanalyse

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Abstract

Keywords: Stimmungsanalyse, Wertung, Emotionsanalyse, Sentiment, Close Reading, Annotation

How to Cite: Flüh, M. (2024) “Ressourcenbeitrag: Tagset Emotionsanalyse”, forTEXT. 1(4). doi: https://doi.org/10.48694/fortext.3760

Erstveröffentlichung: 21.09.2020 auf fortext.net

1. Kurzbeschreibung

Das Tagset „Emotionsanalyse“ ist für die Analyse emotionstragender Textelemente in literarischen Texten geeignet. Es enthält grundlegende Kategorien für die Untersuchung von durch literarische Figuren zum Ausdruck gebrachten Emotionstypen und basiert auf strukturorientierten Ansätzen der Emotionsforschung. Das Tagset beinhaltet Kategorien, die einen Einstieg in die Emotionsanalyse ermöglichen. Das Tagset erhalten Sie auf Zenodo (forTEXT 2020; Flüh 2024a).

2. Anwendungsbeispiel

Angenommen, Sie möchten in Friedrich Schillers Der Geisterseher (Aus den Memoiren des Grafen von O, 1787–89) eine Studie zur Untersuchung der Frage durchführen, ob und auf welche Art und Weise literarische Figuren durch den Ausdruck von Emotionen ihre Umwelt, andere Figuren oder Sachverhalte bewerten und ob diesbezüglich von einer genderstereotypen Form der Bewertung die Rede sein kann. Welche positiven und negativen Emotionen bestimmen die erzählte Welt und lassen sich unterschiedliche geschlechtsspezifische Emotionsprofile ableiten? Hierfür können Sie die im Tagset Emotionsanalyse zur Verfügung gestellten Kategorien zur literaturwissenschaftlichen Emotionsanalyse verwenden und darauf aufbauend unterschiedliche Formen von Emotionsmanifestationen in Ihrem Text oder Textkorpus manuell annotieren (Jacke 2024a). Da die Kommunikation in literarischen Texten ein emotional sehr intensives Geschehen darstellt (Anz 2007), ist eine hohe Anzahl an Annotationen zu erwarten, die Sie in einem nächsten Schritt bspw. mithilfe von Queries (vgl. Query) oder geeigneter Visualisierungen (Horstmann und Stange 2024) ordnen und untersuchen können. Bei der Query-gestützten Auswertung der Annotationsdaten schauen Sie im Sinne eines Scalable Reading-Prozesses also wieder aus der Distanz auf Ihren Text sowie die Verteilung der Emotionstypen und können stichhaltige Aussagen über weibliche und männliche Emotionsmodelle ableiten.

3. Literaturwissenschaftlicher Kontext

Emotionen und Dichtung werden seit der Antike als zusammenhängende Komplexe betrachtet; philosophische Emotionstheorien existieren seit dem 17. Jhd. (Von Koppenfels und Zumbusch 2016). Seit dem sog. emotional turn in den 1990er Jahren flammt in humanwissenschaftlichen Disziplinen ein neues Interesse an der Emotionsforschung auf.

Literaturwissenschaftliche Emotionsanalysen

Emotionen stellen bei sämtlichen Formen der Auseinandersetzung mit Literatur einen wichtigen Faktor dar. Um herauszufinden, welche Rolle Emotionen in der Trias aus Texproduktion (Autor*in), Textprodukt (Werk) und Textrezeption (Publikum) spielt, werden linguistische sowie literaturwissenschaftliche Erhebungen (auch in Kombination miteinander) durchgeführt. Im Kern lassen sich mit produktions-, rezeptions-, text- und kontextbezogenen Ansätzen vier Ausrichtungen der literaturwissenschaftlichen Emotionsforschung unterscheiden (Winko 2003; Winko 2019, 397–402).

Textnahe textanalytische Emotionsanalysen, die die Art und Weise der Gestaltung einzelner Emotionstypen in ausgewählten Werken untersuchen, betrachten Emotionen als textuelle Phänomene, wobei der Fokus v. a. auf negativen Emotionen zu liegen scheint (Schonlau 2017; Baisch 2010; Hufnagel 2013; Gödde 2016; Roloff 2017; Röhnert 2017). In die Kategorie textzentrierter Emotionsanaysen gehören auch die drei folgenden Herangehensweisen:

  1. Offener gestaltete Ansätze dieser Kategorie gehen weniger von der Emotion und verstärkt vom Einzeltext aus, indem im Rahmen emotionsbezogener Textanalysen gattungs- oder werkspezifische Emotionstypen ermittelt werden (Wieland 2013; Lange 2016). Einen maßgeblichen Beitrag zur literaturwissenschaftlichen Emotionsforschung in Form einer größer angelegten Studie, in denen emotionale Komponenten mehrerer Texte und Gattungen analysiert und verglichen werden, liefert Simone Winko (Winko 2003).

  2. Literaturlinguistische Ansätze, die anhand linguistischer Modelle das Zusammenspiel von Sprache und Emotionen in literarischen Texten untersuchen, finden sich z. B. bei Kalwa (2015). Winko (2003) wählt Gedichte aus zwölf um 1900 publizierten Lyrik-Anthologien aus und untersucht ein aus 2939 bestehendes Korpus hinsichtlich der Gestaltung und Kodierung von Emotionen. Von überzeitlicher Relevanz ist die Einführung der Linguistin Monika Schwarz-Friesels, in der auch das Emotionspotenzial literarischer Texte behandelt und nach der Spezifik literarischer Emotionen gefragt wird.

  3. Primär linguistisch ausgerichtete Arbeiten, in denen anhand sprachwissenschaftlicher Konzepte Emotionen auf unterschiedlichen Ebenen der Sprache lokalisiert und analysiert werden (bspw. Bestimmung des Sprechhandlungstypen), finden sich ebenfalls verstärkt seit den 1990er Jahren. Für die sprachwissenschaftliche Erfassung von Emotionen werden korpuslinguisitische Methoden oder auf die Analyse der Tiefensemantik abzielende textanalytisch-qualitative Methoden eingesetzt. Sprach- und literaturwissenschaftliche Ansätze durchlaufen eine ähnliche Entwicklung. Ausgehend von einer ebenfalls in den 1990er Jahren einsetzenden Auseinandersetzung mit dem Phänomen Emotion finden sich ebenfalls nur wenige sprachwissenschaftliche Auseinandersetzungen mit Emotionen. Einen Forschungsüberblick bietet z. B. Schwarz-Friesel (2007, 12–15) oder Kalwa und Römer (2016, 68–69).

Rezeptionsbezogene Ansätze betrachten Emotionen als Rezeptionsphänomene und untersuchen bspw. das durch die Lektüre evozierte emotionale Empfinden der Rezipient*innen. Da Emotionen im limbischen System verankert sind und einen Teil des menschlichen biologischen Systems darstellen, fallen in diese Kategorie diverse Ansätze, die Erkenntnisse der affektiven Neurowissenschaft, Neurobiologie und Psychologie einbeziehen. In diese Kategorie fällt auch die empirische literaturwissenschaftliche Emotionsforschung, wobei mittels standardisierter Interviews oder – deutlich seltener – physiologischer Messungen die Emotionen während des Lesens untersucht werden (Mellmann 2016). Unter diesen Perspektiven werden Emotionen als psychische Realitäten untersucht. Produktionsbezogene Ansätze analysieren den Einfluss von Textproduzent*innen auf den emotionalen Gehalt literarischer Texte und kontextbezogene Ansätze untersuchen v. a. die Historizität von Emotionen. In diesen Fällen werden Emotionen und Sprache im Zusammenhang mit gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, historischen Konjunkturen und Richtungswechseln sowie daran beteiligte Institutionen (Politische Öffentlichkeit, Medien, Arbeitsmarkt, Militär, Bildungswesen, Religion oder Familie) fokussiert (Frevert 2016; Goebel 2016; Giuriato 2016). Ein digitales Pendant der Emotionsanalyse findet sich in der Sentimentanalyse (Flüh 2024b). Unter dieser Perspektive werden emotionstragende Textelemente in literarischen Texten durch Methoden, die auf Formen des maschinellen Lernens (vgl. Machine Learning) zurückgreifen (textnah), oder im Rahmen lexikabasierter Sentimentanalysen (textfern) untersucht. Durch die computergestützten Verfahren, die hierbei zum Einsatz kommen, lassen sich größere Textmengen analysieren. Auf diese Weise wird der steigenden Anzahl von Retrodigitalisaten Rechnung getragen und eine bisher eher auf Einzelfallstudien basierende Literaturgeschichtsschreibung durch neue Perspektiven ergänzt. Im Folgenden sei ein weiterer Ansatz genauer vorgestellt, in dessen Kontext das hier vorgestellte Tagset zu verorten ist: die textnahe textanalytische Emotionsanalyse. Dieser Ansatz zielt darauf ab, durch eine werkimmanente, textanalytische Herangehensweise unterschiedliche Emotionstypen sowie deren Ausdrucks- und Darstellungsweisen in Erzähltexten ausfindig zu machen. Das Tagset gehört in die erste Kategorie der textzentrierten Forschungsansätze. Da Emotionen stets an ein Subjekt gebunden sind, stellt v. a. die Kommunikation der Figuren eines der zentralen Bestandteile literarischer Emotionalisierungstechniken dar (Anz 2007, 219). Da folglich davon auszugehen ist, dass v. a. das semantische Umfeld von Figurenerwähnungen sowie die Figurenrede und an Figuren gebundene Textelemente emotionstragende Bestandteile enthalten, werden literarische Figuren als Einfallstor der Emotionsanalyse genutzt; Konzeption des Tagsets sowie die Beschreibungs- und Analysekategorien greifen auf einen theoretischen Rahmen zurück, der die Analyse von Emotionstypen im Zusammenhang mit literarischen Figuren fokussiert. Für die Emotionsanalyse wird das Verfahren der manuellen digitalen Annotation (Jacke 2024a) verwendet und im Rahmen des emotionsbezogenen Annotationsprozesses somit auf einen klassischen Close-Reading-Ansatz (vgl. Close Reading) zurückgegriffen. Das Tagset setzt die strukturierte Textarbeit an erste Stelle der Auseinandersetzung mit Emotionstypen im Text. Darauf aufbauend können plausible sowie nachweisbare Thesen über Emotionen in literarischen Texten und bspw. text-, gattungs-, oder autor*innenspezifische Emotionsmodelle formuliert und eine tiefergehende Typologisierung der identifizierten Emotionsinformationen durchgeführt werden. Eine Abgrenzung bzw. detaillierte Definition der mal synonym, mal getrennt betrachteten Begrifflichkeiten Emotion, Gefühl, Stimmung und Affekt wird hier nicht vorgenommen.

Emotionstypologien als Grundlagen zur textzentrierten Emotionsalyse

Hierbei werden Emotionen als Phänomen, dem das Interesse dieses Tagsets gilt, verstanden als: „[…] mehrdimensionale, intern repräsentierte und subjektiv erfahrbare Syndromkategorien, die sich vom Individuum ichbezogen und introspektiv-geistig sowie körperlich registrieren lassen, deren Erfahrungswerte an eine positive oder negative Bewertung gekoppelt sind und die für andere in wahrnehmbaren Ausdrucksvarianten realisiert werden (können)“ (Schwarz-Friesel 2007, 55). Ferner basiert das Tagset auf strukturorientierten Klassifizierungen von Emotionen. Im Kern lassen sich zwei Arten der Einteilung von Emotionen unterscheiden: strukturorientierte und funktionsorientierte Typologien. Die funktionsorientierten Ansätze unterscheiden Emotionen hinsichtlich gemeinsamer Bezugs- und Referenzgrößen (z. B. in zielgerichtete, nicht zielgerichtete, körper- oder lustbezogene Emotionen; das Tagset ließe sich um diese Kategorien erweitern). Strukturorientierte Klassifizierungen beschreiben Emotionen als pränatal genetisch im menschlichen Organismus verankerte und kulturunabhängige physische Erregungen, die auf Schaltkreisen im limbischen System beruhen. Ein bestimmtes Set an Emotionen ist deshalb bei allen Menschen neuronal in den Strukturen des Gehirns verankert (Damásio 2004). Den wohl bekanntesten, kontrovers diskutierten und in diversen späteren Ansätzen aufgegriffen sowie weiterentwickelten Ansatz stellt Paul Ekmans Modell der sieben Basisemotionen Glück, Zorn, Trauer, Furcht, Ekel, Überraschung und Verachtung dar (Ekman 1988). Bereits der Psychologe Ekman steht mit seiner Theorie der kulturunabhängigen Basisemotionen in der langen Tradition einer ganzen Reihe von Typisierungsversuchen. Aristoteles definiert 15 Basisemotionen (darunter Begierde, Zorn, Furcht, Mut, Neid, Freude, Freundschaft, Hass, Sehnsucht, Eifer und Mitleid). Descartes spricht von sechs Basisemotionen (Liebe, Hass, Begehren, Freude, Traurigkeit und Bewunderung), Hume von nur zwei Emotionen bzw. Affekten (Vergnügen/Missvergnügen), Spinoza von drei (Begierde, Freude, Hass), Hobbes verweist auf sieben Grundemotionen (Verlangen/Lust, Begehren, Liebe, Abneigung, Hass, Freude und Kummer) (Süselbeck 2019) und Charles Darwin benennt mit Ärger, Freude, Wut, Grauen, Angst, Schmerz und Liebe ebenfalls eine Reihe von Basisemotionen. Das Tagset eignet sich primär, um grundlegende Emotionstypen zu bestimmen, die in einem Text vorkommen. Dieser Ansatz basiert u. a. auf dem linguistischen Standardwerk über Emotionen und Sprache (Schwarz-Friesel 2007), aus dem zentrale Beschreibungskategorien übernommen und unter Einbezug unterschiedlicher strukturorientierter Emotionstypologien auf die Analyse von Erzähltexten abgestimmt wurden. Die enthaltenen Analysekategorien sind erweiterbar bzw. das Tagset Narratologie (Jacke 2024b) lässt sich auch für die Emotionsanalyse einsetzten. Welche Instanz (Sprecher oder Figur) eine Emotion zugeordnet wird, ist für die sprachliche Gestaltung von Emotionen aussagekräftig. Die erzähltheoretische Analysekategorien Modus (Distanz, Fokalisierung) und Stimme des Sprechens (heterodiegetisch, homodiegetisch, autodiegetisch) sind im Rahmen einer Emotionsanalyse interessant, um textintern zu untersuchen, auf welche Art und Weise Emotionen einer Figur zugeschrieben werden (durch die Handlung der Figur selbst oder durch die Stimme) und um herauszufinden, wie mittel- oder unmittelbar Emotionen zutage treten. Die nähere Bestimmung der Präsentationsform der Emotionstypen (v. a. lexikalische, bildliche und rhetorische Formen der Präsentation) stellt eine weitere spannende Möglichkeit der Anschlussforschung dar.

4. Tagset

Das Tagset Emotionsanalyse kann hier als XML-Datei heruntergeladen werden, in geeignete Tools (beispielsweise CATMA) (Schumacher 2024)) importiert und dort verwendet werden. Abbildung 1 zeigt die im Tagset enthaltenen Tags in ihrer hierarchischen Struktur sowie die #Properties und Values.

Abb. 1: Erster Teil des Tagsets zur Emotionsanalyse mit Subtags, Properties und Values

Abb. 2: Tagset zur Emotionsanalyse (Teil zwei)

Abb. 3: Tagset zur Emotionsanalyse (Teil drei)

Abb. 4: Tagset zur Emotionsanalyse (Teil vier)

Abb. 5: Tagset zur Emotionsanalyse (Teil fünf)

5. Richtlinien zur Anwendung

Im Folgenden werden die einzelnen Kategorien definiert – für speziell zur Annotation vorgesehene Tags (vgl. Tagset) werden darüber hinaus Hinweise zur Länge der annotierten Passage und zu textuellen Indikatoren angegeben sowie einige Beispiele. Um möglichst diverse emotionstragende Textstrukturen abbilden zu können, basiert die Emotionsanalyse auf einem dreiteiligen Tagset (s. Abb. 6). Das gesamte Tagset „Emotionsanalyse“ lässt sich in drei Ebenen einteilen, die jeweils einzelne Bestandteile der oben zitierten Definition aufgreifen. Auf der Makroebene dient das Tagset der Beschreibung der Art der Emotion (Identifikation unterschiedlicher Varianten von Emotionen und Kategorisierung nach Emotionsfamilien). Auf der Mesoebene fokussiert es die Qualität der an Emotionen gekoppelten Bewertungen (positiv, negativ oder neutral) und weitere Parameter, die zur näheren Beschreibung der Emotionen herangezogen werden können (Dauer und Intensität). Darüber hinaus lässt sich das Tagset um eine Mikoebene erweitern, auf der Sie die Repräsentationsformen der identifizierten Emotionen (verbal, nonverbal oder körperlich) in den Blick nehmen können.

Abb. 6: Ebenenmodell zur Emotionsanalyse

Diese Richtlinien enthalten spezifische Anwendungshinweise nur für die Tags, die speziell für die Anwendung bei der Annotation vorgesehen sind. Im Falle der Tags für die Emotionsanalyse sind das ausschließlich die Tags sowie die dazugehörigen Properties (vgl. Property) und Values innerhalb der Emotionsfamilien. Annotiert wird also mit den Begriffen, die hier als Subtags bezeichnet werden.

5.1. Art der Emotion

Emotionen_ART: Die hier versammelten Kategorien dienen der Analyse der Emotionstypen. Sie zielen darauf ab, Textpassagen herauszufiltern, die eindeutig sowie nicht-eindeutig identifizierbare Emotionsmanifestationen enthalten. Die Grundlage bilden unterschiedliche strukturorientierte Emotionstheorien; darauf aufbauend wurden konzeptuelle Emotionsfamilien mit mehr oder weniger typischen Mitgliedern entworfen und in dieses Tagset übertragen. Die grobe Kategorisierung in Emotionsgruppen erfährt – im Sinne einer Konkordanzanalyse – durch die Zuteilung hyperonymer Emotionstypen eine feingranulare Erweiterung. Die Konzeption des Tagsets, das ein möglichst breites Spektrum emotionaler Zustände abdeckt, zielt darauf ab, bei der Analyse den unterschiedlichen Nuancen, in denen ein und dieselbe Basisemotion zutage treten kann, Raum zu geben. Die hier vorgeschlagene Taxonomie basiert auf dem Ansatz einer undogmatischen Emotionsanalyse, die keinen Emotionstypen in den Vordergrund der Analyse rückt, sondern von einem unendlichen Emotionspotenzial literarischer Texte ausgeht, das diverse Emotionsschemata hervorbringen kann. Das Tagset Emotionen_Art beinhaltet folgenden Emotionstypen mit unterschiedlichen Untertypen (Subtags), anhand derer annotiert wird.

5.2. Parameter zur Beschreibung der Emotion

Anhand der drei Parameter Wertigkeit, Intensität und Dauer lassen sich Emotionen näher beschreiben (Schwarz-Friesel 2007). Für jeden im Text klassifizierten Emotionstyp werden alle drei Parameter in Form von Properties (vgl. Property) und Values bestimmt. Die Längen beider annotierten Textpassagen sind deckungsgleich.

Externe und weiterführende Links

Glossar

Annotation

Annotation beschreibt die manuelle oder automatische Hinzufügung von Zusatzinformationen zu einem Text. Die manuelle Annotation wird händisch durchgeführt, während die (teil-)automatisierte Annotation durch Machine-Learning-Verfahren durchgeführt wird. Ein klassisches Beispiel ist das automatisierte PoS-Tagging (Part-of-Speech-Tagging), welches oftmals als Grundlage (Preprocessing) für weitere Analysen wie Named Entity Recognition (NER) nötig ist. Annotationen können zudem deskriptiv oder analytisch sein.

Browser

Mit Browser ist in der Regel ein Webbrowser gemeint, also ein Computerprogramm, mit dem das Anschauen, Navigieren auf, und Interagieren mit Webseiten möglich wird. Am häufigsten genutzt werden dafür Chrome, Firefox, Safari oder der Internet Explorer.

Close Reading

Close Reading bezeichnet die sorgfältige Lektüre und Interpretation eines einzelnen oder weniger Texte. Close Reading ist in der digitalen Literaturwissenschaft außerdem mit der manuellen Annotation textueller Phänomene verbunden (vgl. auch Distant Reading als Gegenbegriff).

Distant Reading

Distant Reading ist ein Ansatz aus den digitalen Literaturwissenschaften, bei dem computationelle Verfahren auf häufig große Mengen an Textdaten angewandt werden, ohne dass die Texte selber gelesen werden. Meist stehen hier quantitative Analysen im Vordergrund, es lassen sich jedoch auch qualitative Metadaten quantitativ vergleichen. Als Gegenbegriff zu Close Reading wurde der Begriff insbesondere von Franco Moretti (2000) geprägt.

Feature

Unter Features können Einzelfunktionen eines Tools verstanden werden, die beispielsweise komplexe Funktionen wie die Visualisierung eines Textes als Wordcloud ermöglichen, oder auch kleinere Funktionseinheiten wie den Abgleich einzelner Spracheigenschaften (Properties) mit annotierten Beispieltexten darstellen.

HTML

HTML steht für Hypertext Markup Language und ist eine textbasierte Auszeichnungssprache zur Strukturierung elektronischer Dokumente. HTML-Dokumente werden von Webbrowsern dargestellt und geben die Struktur und Online-Darstellung eines Textes vor. HTML-Dateien können außerdem zusätzliche Metainformationen enthalten, die auf einer Webseite selbst nicht ersichtlich sind.

Korpus

Ein Textkorpus ist eine Sammlung von Texten. Korpora (Plural für „das Korpus”) sind typischerweise nach Textsorte, Epoche, Sprache oder Autor*in zusammengestellt.

Lemmatisieren

Die Lemmatisierung von Textdaten gehört zu den wichtigen Preprocessing-Schritten in der Textverarbeitung. Dabei werden alle Wörter (Token) eines Textes auf ihre Grundform zurückgeführt. So werden beispielsweise Flexionsformen wie „schneller“ und „schnelle“ dem Lemma „schnell“ zugeordnet.

Machine Learning

Machine Learning, bzw. maschinelles Lernen im Deutschen, ist ein Teilbereich der künstlichen Intelligenz. Auf Grundlage möglichst vieler (Text-)Daten erkennt und erlernt ein Computer die häufig sehr komplexen Muster und Gesetzmäßigkeiten bestimmter Phänomene. Daraufhin können die aus den Daten gewonnen Erkenntnisse verallgemeinert werden und für neue Problemlösungen oder für die Analyse von bisher unbekannten Daten verwendet werden.

Markup Language

Markup Language bezeichnet eine maschinenlesbare Auszeichnungssprache, wie z.B. HTML, zur Formatierung und Gliederung von Texten und anderen Daten. So werden beispielsweise auch Annotationen durch ihre Digitalisierung oder ihre digitale Erstellung zu Markup, indem sie den Inhalt eines Dokumentes strukturieren.

Metadaten

Metadaten oder Metainformationen sind strukturierte Daten, die andere Daten beschreiben. Dabei kann zwischen administrativen (z. B. Zugriffsrechte, Lizenzierung), deskriptiven (z. B. Textsorte), strukturellen (z. B. Absätze oder Kapitel eines Textes) und technischen (z. B. digitale Auflösung, Material) Metadaten unterschieden werden. Auch Annotationen bzw. Markup sind Metadaten, da sie Daten/Informationen sind, die den eigentlichen Textdaten hinzugefügt werden und Informationen über die Merkmale der beschriebenen Daten liefern.

Named Entities

Eine Named Entity (NE) ist eine Entität, oft ein Eigenname, die meist in Form einer Nominalphrase zu identifizieren ist. Named Entities können beispielsweise Personen wie „Nils Holgerson“, Organisationen wie „WHO“ oder Orte wie „New York“ sein. Named Entities können durch das Verfahren der Named Entity Recognition (NER) automatisiert ermittelt werden.

POS

PoS steht für Part of Speech , oder „Wortart“ auf Deutsch. Das PoS- Tagging beschreibt die (automatische) Erfassung und Kennzeichnung von Wortarten in einem Text und ist of ein wichtiger Preprocessing-Schritt, beispielsweise für die Analyse von Named Entities.

Preprocessing

Für viele digitale Methoden müssen die zu analysierenden Texte vorab „bereinigt“ oder „vorbereitet“ werden. Für statistische Zwecke werden Texte bspw. häufig in gleich große Segmente unterteilt (chunking), Großbuchstaben werden in Kleinbuchstaben verwandelt oder Wörter werden lemmatisiert.

Property

Property steht für „Eigenschaft“, „Komponente“ oder „Attribut“. In der automatischen Annotation dienen konkrete Worteigenschaften wie Groß- und Kleinschreibung zur Klassifizierung von Wörtern oder Phrasen. Durch die Berücksichtigung solcher Eigenschaften in den Features eines Tools kann maschinelles Lernen bestimmter Phänomene umgesetzt werden. In der manuellen Annotation können als Properties auch Eigenschaften von Annotationen benannt werden.

Query

Query bedeutet „Abfrage“ oder „Frage“ und bezeichnet eine computergestützte Abfrage zur Analyse eines Textes. Um Datenbestände zu durchsuchen, werden Abfragesprachen eingesetzt, die Queries (Anfragen) an den Datenbestand senden. So bilden alle möglichen Queries zusammen die Query Language eines Tools.

Scalable Reading

Die Kombination aus Distant Reading- und Close Reading-Methoden, angewandt auf einen Untersuchungsgegenstand, wird als Scalable Reading bezeichnet.

Tagset

Ein Tagset definiert die Taxonomie, anhand derer Annotationen in einem Projekt erstellt werden. Ein Tagset beinhaltet immer mehrere Tags und ggf. auch Subtags. Ähnlich der Type/Token -Differenz in der Linguistik sind Tags deskriptive Kategorien, wohingegen Annotationen die einzelnen Vorkommnisse dieser Kategorien im Text sind.

Type/Token

Das Begriffspaar „Type/Token“ wird grundsätzlich zur Unterscheidung von einzelnen Vorkommnissen (Token) und Typen (Types) von Wörtern oder Äußerungen in Texten genutzt. Ein Token ist also ein konkretes Exemplar eines bestimmten Typs, während ein Typ eine im Prinzip unbegrenzte Menge von Exemplaren (Token) umfasst. Es gibt allerdings etwas divergierende Definitionen zur Type-Token-Unterscheidung. Eine präzise Definition ist daher immer erstrebenswert. Der Satz „Ein Bär ist ein Bär.“ beinhaltet beispielsweise fünf Worttoken („Ein“, „Bär“, „ist“, „ein“, „Bär“) und drei Types, nämlich: „ein“, „Bär“, „ist“. Allerdings könnten auch vier Types, „Ein“, „ein“, „Bär“ und „ist“, als solche identifiziert werden, wenn Großbuchstaben beachtet werden.

Wordcloud

Eine Wordcloud , oder auch Schlagwortwolke, ist eine Form der Informationsvisualisierung, beispielsweise von Worthäufigkeiten in einem Text oder einer Textsammlung. Dabei werden unterschiedlich gewichtete Wörter, wie die häufigsten Wörter, i.d.R. größer oder auf andere Weise hervorgehoben dargestellt. Die horizontale/vertikale Ausrichtung und die Farbe der dargestellten Wörter hat meistens allerdings keinen semantischen Mehrwert.

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———. 2019. Literaturwissenschaftliche Emotionsforschung. In: Emotionen. Ein interdisziplinäres Handbuch, hg. von Hermann Kappelhoff, Jan-Hendrik Bakels, Hauke Lehmann, und Christina Schmitt, 397–407. Stuttgart: Metzler.